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Preise wie im Bordell

Es gibt so bizarre Situationen im Leben, die einen komplett sprachlos machen. Man wäre gerne suuuuper schlagfertig – ist es aber nicht ist. Hinterher fallen einem 1000 Dinge ein, die man hätte kontern können.

Hinterher… *grrrrrrr*

Sabine_Dinkel_Kunde

Viele der Existenzgründer, die ich begleiten durfte oder noch begleite, hatten zu Beginn ihrer Selbstständigkeit mindestens ein bis zwei Gruselkunden. Kunden, die ihnen Unbehagen bereiteten und die sie in Nullkommanix schrumpfen ließen. Sie kamen dann mit dem Wunsch ins Coaching, sich nichts mehr gefallen zu lassen und schlagfertiger zu werden. Wenn sie nicht gar ihre Gründung anzweifelten…

Warum das so ist und wie man mit solchen Kunden umgeht – darum soll es an dieser Stelle gar nicht gehen. Vielleicht später mal.

Hier möchte ich die Geschichte von meinem ersten Gruselkunden erzählen. Einem, der mich wie der letzte Depp fühlen ließ…

Kunden aus der Hölle

An meinem ersten offiziellen Tag meiner Selbstständigkeit (es war tatsächlich ein erster April), hatte ich einen Termin bei einem mittelständischen Unternehmen, das mich mit einer Personalsuche betrauen wollte. Der Kontakt kam erfreulicherweise über einen anderen Dienstleister von mir zustande, der mich weiterempfohlen hatte.

Ich also gut vorbereitet (Internet-Recherche), angemessen gekleidet (Business) und aufgeregt (ziemlich) losgefahren.

Nett empfangen worden, Kaffee und Getränkeofferten angenommen und Platz bezogen; an einem riesigen Tisch, weitab von den Gesprächspartnern: Prokurist und Geschäftsführer. Kleiner Smalltalk zum warm werden.

Plötzlich sagt doch der Geschäftsführer zu mir:

„Herr xy hat mir übrigens schon erzählt, was sie die Stunde nehmen. Das sind ja Preise wie im Bordell!“

Und ich so: ……….
(hier bitte absolute Stille einblenden, man hätte eine Nadel fallen hören)

Sabine_Dinkel_Kunde_Ruhetag

In meinem Kopf herrschte kurzzeitig gähnende Leere. Blackout.

Ich bekam einen hochroten Kopf, eiskalte feuchte Hände und wusste vor lauter Schreck so überhaupt nicht, wie ich reagieren sollte. Mein Hirn ratterte fieberhaft und suchte nach einer passenden Antwort. Stattdessen grinste ich dümmlich. Im nu war ich wieder 10 Jahre alt und dachte nur „WTF“.

Natürlich versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen, schließlich wollte ich ja den Auftrag haben, denn der war nicht übel für den Anfang. Und ich wollte mich auch nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen, schon gar nicht am 1. April. Der Typ wollte mich ja schließlich nur verunsichern (was ihm ja leider auch gelungen ist), um ggf. den Preis zu drücken.

Aber es war noch nicht zu Ende. Doch ich war auf der Hut.

Nachdem wir die Eckdaten für den (eventuellen) Auftrag geklärt hatten, frage der Geschäftsführer:

„Sagen Sie mal Frau Dinkel, wie lange sind Sie denn schon selbstständig?“

Sabine_Dinkel_Kunde

Will ich wirklich mit Kunden arbeiten, bei denen ich auf der Hut sein muss?

Ich war ja alarmiert und tat einen Teufel ihm zu erzählen, dass ich gerade meinen ersten „offiziellen“ Selbstständigen-Tag hatte. Bin doch nicht blöd.

Ich sagte also: „Seit gut einem halben Jahr.“, was im Prinzip auch nicht gelogen war, denn während meiner Zeit im Gründungszentrum hatte ich schließlich schon tolle Sachen gemacht und erste Aufträge abgewickelt.

Da sagt er doch glatt:
„Ja, wir hatten alle mal solche Selbstfindungs-Phasen.“

Ähhhhhhhh…

Und ich wieder: …………. (siehe oben)

Das Ende vom Lied:

Ich war fix und alle, als ich aus dem Laden raus war. Und konnte gar nicht mehr aufhören, mich über die blöden Sprüche zu empören. Zuhause mit meinem Mann redeten und konterten wir uns die Köpfe heiß.

Natürlich fielen ihm und mir plötzlich diverse tolle Sprüche ein, die man hätte entgegnen können. Jaaa…, hinterher ist man immer schlauer.

Sabine_Dinkel_Kunde_Schlagfertig

Bis hierhin und nicht weiter!

Einer wäre zum Beispiel gewesen:

„So? Na mir feht da die Expertise. Aber schön zu wissen, dass ich mich auf Ihre verlassen kann.“

Oder auf den zweiten Verunsicherungs-Versuch:

„Stimmt, ich hab‘ mich gefunden. Wie steht’s bei Ihnen?“

***

Heutzutage würde ich ganz anders reagieren und eine Zusammenarbeit ablehnen.

Seitdem ich nur noch mit meinen Lieblingskunden arbeite, brauche ich auch gar keine Schlagfertigkeit mehr. Spontaneität ja, aber zurückschlagen: nein ;o)

3 Fragen, die mir im Umgang mit unfairen Gesprächspartnern helfen

  • Wie alt bin ich wirklich? (das verhindert, dass ich schrumpfe und mich wie 12 fühle)
  • Wie weit gehe ich, um den Job zu bekommen?
  • Und ab wann kann der „Kunde“ sich gehackt legen?

Diese Fragen helfen mir, den Kopf für die Situation frei zu haben. Und bewusst eine Position zu beziehen, von der aus ich solide agieren und reagieren kann.

Wie hätten Sie reagiert?
Wäre Ihnen in dem Moment was Schlagfertiges eingefallen?

PS.
Ich habe übrigens den Auftrag bekommen. Gefreut habe ich mich darüber allerdings nicht, eher die Zähne zusammengebissen und durch.

Die Zusammenarbeit war mühsam und hat mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Und am Ende habe ich sehr lange auf mein Geld gewartet.

Dafür habe ich immer eine tolle Geschichte für frische Existenzgründer parat, denen gerade die Ohren wegen eines Gruselkunden runterhängen.

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