Da ich aus einer Familie stamme, in der Loslassen und Ausmisten immer ein großes Thema war, habe ich schon so allerhand Ratgeber zum Thema verschlungen.
Wenn ich mal wieder ein wenig Rückenstärkung brauche oder ich in altes Klammer-Verhalten rutsche, krame ich sie wieder hervor oder gucke, was es neues in Sachen Entrümpel-Literatur gibt.
Ich selber habe die Tendenz, wohlmeinende (und nicht belehrende) Ratschläge nur von Menschen anzunehmen, die genau am eigenen Leib erfahren haben, wie schwer das mit dem Loslassen ist. Und die sich aus eigener Kraft eine Loslass-Kompetenz erarbeitet haben.
Menschen, die damit noch nie ein Problem hatten, können mein Zögern und Zaudern vermutlich gar nicht nachempfinden. Da fühle ich mich eher unter Druck gesetzt, wenn ich für Ausmist-Entscheidungen länger brauche als sie selber.
Inzwischen habe ich eine Art „Best of Ausmist-Fragen“ gesammelt, die ich hier vorstelle:
„Die Pflicht“ oder „Der Kopf“
Klassiker der Ausmist-Fragen wirken bei mir oft noch nicht; der Vollständigkeit halber will ich sie aber hier aufführen, da ich sie nichtsdestotrotz sehr wichtig finde:
- Benutze ich dieses Etwas überhaupt (noch)? Wenn ja, wann hab ich es zuletzt benutzt?
- Ist es eigentlich nützlich? Oder ist es nur ein „Stehrumsel“?
- Werde ich dieses defekte (z. B. zu nähende) Etwas wirklich innerhalb der nächsten Woche reparieren? Und danach tatsächlich benutzen?
- Könnte ich dieses Etwas neu erwerben oder besorgen, falls ich es nach dem Rauswurf wider Erwarten doch noch brauchen könnte?
- Würde ich dieses Etwas wirklich vermissen, wenn es nicht mehr da wäre?
Diese Fragen sind sozusagen das Fundament, die „Pflicht“. Hier wird der Verstand angesprochen.
Bei vielen routinierten Loslassern wirken sie schon, sie brauchen gar keine härteren Geschütze und entledigen sich gekonnt der entsprechenden Dinge.
„Die Kür“ oder „Der Bauch“
Ich jedoch, brauche häufig noch die „Kür“, die schonungslos mein Bauchgefühl anspricht:
- Fühle ich mich seelisch erquickt, wenn ich dieses Etwas angucke?
- Hängen an diesem Gegenstand positive Erinnerungen?
- Wie reagiert mein Körper? Sage ich eindeutig JA zu diesem Etwas? Oder beschleicht mich ein diffuses Unwohlsein?
- Macht mich dieses Etwas womöglich traurig und beamt mich in eine Vergangenheit, in der ich gar nicht (mehr) sein möchte?
- Wäre ich im Alter froh, dieses Etwas noch zu besitzen?
- Gibt mir dieses Etwas Energie? Oder zieht es mir Energie ab?
- Wenn ich einen Raum ganz nach meinen Vorstellungen einrichten könnte: Würde ich dieses Etwas hineinstellen?
- Wie sehr würde ich darunter leiden, falls ich nach dem Aussortieren ein schlechtes Gewissen bekomme?
- Würde ich dieses Etwas wieder kaufen wollen, wenn ich es in einem Laden sehe?
- Würde ich dieses Etwas vermissen, wenn es gestohlen oder verbrennen würde?
Das Spannende ist: Das Bauchgefühl lügt nicht. ;o)
Dinge, die mich wirklich erquicken, machen ganz andere Gefühle als Dinge, denen ein Grusel innewohnt.
- Sachen, die unterschwellig schlechte Gefühle machen, lassen meine Bewegungen verhalten wirken.
- Ich denke unverhältnismäßig lange darüber nach, falle womöglich sogar in eine Art Entscheidungsstarre.
- Manchmal kommt es sogar zu Übersprungshandlungen, vielleicht fange ich sogar an, Fenster zu putzen oder mich nach der Buchhaltung zu sehnen…
Das Dilemma
Immer dann, wenn das passiert, weiß ich: es gibt ein Dilemma.
Als Zwischenschritt nutze ich dann meine Dilemma-Box, wo ich den Gegenstand zwischenparke.
Es handelt sich um einen Pappkarton (oder Koffer), in den erstmal alle Sachen hineinwandern, bei denen ich noch keine Entscheidung treffen kann oder will. Durch die Zwischennutzung dieser Box bleibe ich im Flow und laufe weniger Gefahr, die ganze Ausmistaktion durch mangelnde Entscheidungskraft zu gefährden.
„Der Kick“
Radikales Ausmisten und Entrümpeln soll ja auf die Seele wie ein symbolischer Schlussstrich unter die Vergangenheit wirken.
Und es stimmt: bei mir wirkt meine aktuelle Ausmist-Aktion gerade sehr energetisierend. Meine bereits entrümpelten Räume – aber auch mein Laptop und mein Smartphone – wirken auf wundersame Weise erfrischt. Jedes Ausmisten ist für mich ein kleiner Neustart in eben dieser Ausmistzone.
Übrigens:
Es kann sogar sein, dass der Fehlkauf eines Kleidungsstücks seinen Zweck erfüllt hat. Nämlich den, mir zu zeigen, was mir nicht steht. Und beim nächsten Mal etwas auszusuchen, was besser zu mir, meiner Figur oder meinem Teint passt.
Oder das lustige Gespräch mit dem Verkäufer auf dem Flohmarkt war lohnenswerter als die kleine Figur, die ich ihm abgekauft habe.
Auch diese Dinge können Sinn und Zweck eines Fehlkaufs sein.
„Das Vergnügen“
Was ich eine tolle Vorstellung finde:
Inmitten von Dingen zu leben und zu arbeiten, die mich erfreuen, die mir am Herzen liegen und die mich erfrischen. Egal wo ich hinschaue: überall Dinge, die ich wirklich mag.
Daran arbeite ich munter weiter.