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Wie aus Heinz über Nacht erst eine Kirsche und dann ein fetter Fisch wurde – ein modernes Märchen

Wenige Tage, bevor ich vor gut einem Jahr diesen sehr persönlichen Blogartikel schrieb, rief mich mein Onkodoc an, um den Befund aus den umfassenden Untersuchungen vom Vortag mit mir zu besprechen. Keine guten Nachrichten: The Schnieptröte was back – back in my Bäuchi.

Bereits zum dritten Mal hatten sich also meine ovarialen Mietnomaden zurück in mein Unterstübchen geschmuggelt.

Soweit so dämlich.

Ich bekam eine Art Torschlusspanik, dachte an all die Dinge, die ich in der mir verbleibenden Zeit noch unbedingt verwirklichen wollte: unter anderem einen Verlag für mein Comic-Tagebuch „Meine Arschbombe in die Untiefen des Lebens“ finden. Und zwar flott!

Da ich eine wirklich wunderbare Community habe, die mir immer wieder ihre Hilfe anbietet, wollte ich Nägel mit Köpfen machen. Ein Blogartikel musste her!

An besagtem Blogartikel feilte ich also mehrere Tage herum. Ich schrieb, löschte, schrieb und löschte. Schob Sätze hierhin und dorthin, ließ ihn sogar diverse Male probelesen, unter anderem von der Freiraumfrau, die gerade zu Besuch war.

Irgendwann sah ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, spürte neben Panik nur noch eine gähnende Leere im Oberstübchen und sagte mir „Mir doch egal, ich lass das jetzt so!“

Nachdem ich also mit klopfendem Herzen und irrem Blick auf „veröffentlichen“ klickte, drückte kurz darauf irgendein wahnsinniger Schickssals-Kobold meinem Lebenspferd die Sporen in die Flanken. Ehe ich mich versah, galloppierte es fröhlich wiehernd mit mir davon.

Was dann geschah, gleicht einem tschechoslowakischen Märchenfilm – allerdings auf Speed!

Es begann mit dieser Nachricht, die mich über den Facebook-Messenger erreichte, kurz nachdem ich den „Kirschkörbchen-Artikel“ freigeschaltet hatte:

Heinz? Heinz?! Heinz!

Mein innerer Sherlock stöberte daraufhin erst mal in Heinz‘ Facebook-Profil herum, um sich ein Bild über ihn zu machen. Zwar sind wir seit April 2017 befreundet und folgen uns gegenseitig auf Twitter, doch hatten wir bisher noch keine konkreten Berührungspunkte.

Auf den ersten Blick schien er jedenfalls seriös zu sein. Immerhin hatten wir zu dem Zeitpunkt über 35 gemeinsame Freunde, die ich auch alle sehr schätze. Ich inspizierte schnell seine Website, die ich ebenfalls für seriös befand. Es kribbelte bereits verheißungsvoll in Bauch und Magen.

Sollte es wirklich so einfach sein, einen Verleger zu finden?

Heinz und ich verabredeten uns für den nächsten Tag zum Telefonieren. Derweil löste mein Kirschkörbchen-Artikel eine wahre Flutwelle an Reaktionen aus, es purzelten stündlich „Kirschen“ in mein Körbchen: jemand teilte meinen Artikel, jemand empfahl mir seinen Verleger, jemand schickte mein Gesuch an einen Verlag.

Das Telefonat mit Heinz war fast zu schön um wahr zu sein. Wir hatten gleich einen guten Draht. Heinz hatte sich bestens vorbereitet und seine Vorstellungen von einer Zusammenarbeit waren schon sehr konkret. Er kannte mein Comic-Tagebuch als eBook (an dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Tatjana Walbaum von Walbaum Design, ohne die es das eBook nicht gegeben hätte), mein Exposé sowieso und wusste auch sonst schon eine ganze Menge über mich als Coach und Autorin.

Was mir besonders gefiel, war seine lösungsorientierte, freundliche und verbindliche Art.
Er wirkte überhaupt nicht, wie ein Schnacker, der nur heiße Luft pustet. Sondern wie ein gestandener Unternehmer, der sich mit HAWEWE media gerade den Traum von einem eigenen Indie-Verlag erfüllte und gezielt nach passenden AutorInnen suchte.

Gleichwohl stellte ich weitere Nachforschungen an.

Ich kontaktierte zwei Kolleginnen. Eine davon war Maren Martschenko, die mich mit einer ihrer genialen Freitagskühe beschenkt hatte.

Was war ich erleichtert, dass sich mein ohnehin schon gutes Bauchgefühl bestätigte.

Noch am selben Tag hatte ich ein konkretes Angebot im
E-Mail-Postfach.

Ich musste mir direkt die Augen reiben und mich zwicken, denn irgendwie war das alles viel zu gut, um wirklich wahr zu sein. Das Angebot zeigte ich auch meinem Buchcoach, der es auch vielversprechend fand.

Kurzum:
nachdem wir alles überschlafen und restliche Fragen geklärt hatten, kam es zum Schwur. Heinz schrieb:

„Liebe Sabine,
erst einmal herzlichen Dank für das tolle Gespräch.
Ich freue mich
 gerade tierisch darüber
und bin voller Tatendrang und meine Gedanken kreisen …“

Wir verabredeten uns zu einem abschließenden Skype-Telefonat – zusammen mit meinem Mann.

Das Ziel: uns alle gaaaanz tief in die Augen schauen und gucken, ob wir die Arschbombe wirklich zusammen verwirklichen wollen.

Und wir wollen!

Ich unterschreibe kurz darauf den Autorenvertrag und schon arschbomben wir gemeinsam in die Zusammenarbeit. Dass sogar zeitlich ein großer namhafter Comic-Verlag anklopft, um die Arschbombe unter Vertrag zu nehmen, bringt mich nur ganz kurz aus dem Konzept. Mein Bauchgefühl sagt mir: ich habe bereits die richtige Entscheidung getroffen!

Innerhalb von drei Monaten zaubern wir aus dem bereits bestehenden E-Book eine formidable Printausgabe, die um einige Textpassagen und mehr als 60 Cartoons erweitert wird. Die Zusammenarbeit klappt wie am Schnürchen. Was besonders erfreulich ist, da ich durch die tolle Zusammenarbeit mit humboldt auch sehr verwöhnt bin und die Messlatte bereits sehr hoch hängt. Doch Heinz und ich hüpfen virtuos drüber hinweg.

Wir gewinnen sogar die Golden Blogger-Award-Gewinnerin Inge Wollschläger aka „Notaufnahmeschwester“ dafür, uns ein mopsfideles Vorwort zu schreiben.

Die Menschen, die den Kirschkörbchen-Artikel gelesen haben, fiebern mit und verfolgen unsere Schritte bis zur Veröffentlichung mit großer Neugier.

Man, was sind wir alle aufgeregt!

Das Buch erscheint am 7. November 2018.

Die Reaktionen sind umwerfend!

Ganz besonders berührend ist eine Whats App von Heinz, die mich erreicht, als ich gerade bei meinem Onkodoc im Wartezimmer sitze.

Heinz schreibt: „Verträgst du Pipi in den Augen gerade?“
„Freudenpipi ja“, antworte ich. Dann kommt diese Nachricht, in der mir Heinz von seinem vierzehnjährigen Sohn Simon schreibt:

Dann hält Heinz kurz zum Weitertippen inne, ich sitze da und starre gebannt auf das Display meines Smartphones. Kurz darauf dann dieses hier:

 

Ich weiß vor Rührung erstmal gar nichts zu antworten. Dieser Moment will sich erstmal wohlig warm in mir ausbreiten.

Fast zeitgleich schreiben wir uns kurz darauf dies:

Das sind diese Momente, in denen mir bewusst wird, dass alles, was wir tun, Auswirkungen hat.

Ich hätte nach meiner Diagnose im November 2015 niemals für möglich gehalten, dass ich

a) meine Erkrankung u.a. per Comic verarbeite,
b) diesen Comic überhaupt anderen zugänglich mache,
c) dafür einen Verleger finde,
d) noch dazu einen, der das Thema aus eigener Betroffenheit als Angehöriger kennt,
e) der dann noch einen reizenden Sohn hat,
f) der durch unser gemeinsames Buchprojekt Trost findet.

So viel Gutes im Schlechten will erstmal verstoffwechselt werden …

Verleger und allein erziehender Vater Heinz W. Warnemann mit seinem Sohn Simon Lucas

Fast 11 Monate später hecken wir gemeinsam das nächste Buch aus

Diesmal geht es darum, wie ich im Plastikmüll am Strand das Gute im Schlechten finde: kleine drollige Wesenheiten, die mich mit ihren friesischen Geschichten in ihren Bann ziehen.

Viele der Motive entstanden auf meiner onkologischen Reha auf Föhr. Ich nenne das Projekt „Strandgut-Poesie“.

Als ich Heinz davon erzähle, dass ich auch diesen Spaß gerne als Buch veröffentlichen möchte, ist er sofort Feuer und Flamme. So wie auch schon zuvor bei dem Schmunzelset gegen den Krebsgrusel und den Lebensfreu(n)de-Postkarten, die wir ebenfalls zusammen ausgeheckt und inzwischen veröffentlicht haben.

Es tut so gut, einen schabernackfreudigen Verleger zu haben.

Einen, der seinen Autoren viel Freiraum schenkt, sie mitbestimmen lässt und der trotzdem unternehmerisch handelt. Vor allem einen, mit dem die Zusammenarbeit zügig, unbürokratisch und auf den Punkt klappt.

Und irgendwie mag ich den Gedanken, neben einem großen renommierten Verlag (humboldt) zusätzlich bei einem Indie-Verlag unter Vertrag zu sein. Ich mochte ja schließlich auch schon immer Indie-Bands.

Es geht doch nichts über einen Verleger, der Spaß an Schabernack hat!

Buch Nr. 5 ist auch schon für den Herbst 2019 in Planung! Da geht es wieder um Erheiterung, Aufmunterung und praktische Tipps für Krebspatient*innen und deren Helferlein.

Ihr seht, mein Leben ist eine prallvolle Wundertüte:

viel Tragik, viel Komödie und eine große Portion tschechoslowakisches Märchen, das wahr wird.

Gleich weiterstöbern:

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5 Kommentare zu “Wie aus Heinz über Nacht erst eine Kirsche und dann ein fetter Fisch wurde – ein modernes Märchen”

  1. Nicole sagt:

    Liebe Sabine, das ist so ein schöner, herzwärmender Beitrag! Ich wünsche Euch beiden einen gigantischen Erfolg mit dieser Zusammenarbeit, Ihr habt ihn beide verdient. Alles Liebe Nicole

    1. Vielen Dank liebe Nicole. Diese Geschichte ist wirklich etwas ganz Besonderes, so wie auch die Zusammenarbeit.
      Herzlichst
      Sabine

  2. Susanne sagt:

    Oh, was für eine berührende Geschichte
    Wie soll ich da jetzt auf Buchhaltung umswitchen?
    Möge das Märchen weitergehen!!!
    Sowas passiert, wenn wundervolle Menschen aufeinandertreffen!!!

  3. iris jestaedt sagt:

    Liebe Sabine, was soll ich sagen…. mich hat gerade eine Gänsehaut nach der anderen gejagt als ich den Text gelesen habe – und das bei hochsommerlichen 29 Grad. Du hast mir mit Deinen Büchern immer wieder Zuversicht gegeben, diesen ‚Horst‘ zu knacken – was hab ich gelacht und manchmal auch geweint. Ich habe die Werbetrommel gerührt, Gleichgesinnten von Deinen Büchern erzählt und geschwärmt – der Onko-Tagesklinik ein Exemplar gespendet und die Reha-Ärzte informiert. Danke für Deine Bücher, Deinen unnachahmlichen Humor, Deine Zuversicht und Deinen Mut über Deine Ängste zu reden. Ich wünsche Dir das allerbeste. Herzliche Grüße Iris

  4. Elke sagt:

    liebe Sabine,
    ich möchte unbedingt und gaaaanz schnell auch Dein neues Buch – die Strandgut-Poesie
    und hätte das soooo gerne mit Widmung ❣️❣️

    Bestellen und Dir zusenden ? oder wie ??

    umarme Dich feste und vermisse den persönlichen Kontakt
    alles Liebe aus Heilbronn☀️Riehen und Basel☀️kurz Leipzig und bald nur! 5 Wochen zu Alexain Leonidion☀️

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