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Interview: Warum mein Tod lila Jogginghosen trägt | Eigenstimmig-Podcast

 

„Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

Frei nach dem Motto von Pipi Langstrumpf habe ich mir kürzlich ein Bild für meinen Tod ausgedacht bzw. wurde es mir von meinem Mann zugetragen, der es in einem Hörbuch von Ariadne von Schirach aufgeschnappt hat. Mir war das Bild gleich supersympathisch.

Jeder hat ein anderes Bild vom Tod. Bei vielen trägt er ein wenig vorteilhaftes, sackartiges Gewand aus Jute, die Sense lässig über die Schulter gehängt. Bei mir trägt er ab jetzt lila Jogginghosen. Das ist zwar auch nicht viel stylisher – aber um einiges cooler.

Klar, vielen bleibt beim Lesen meiner Zeilen wahrscheinlich das Lachen im Halse stecken. Und das ist absolut OK. Es geht ja hier auch nur um mein ganz persönliches Bild von meinem Tod – nicht um den Tod als solches oder den Tod von anderen.

Der Tod meiner Mutter sah vermutlich ganz anders aus.

Ich könnte mir vorstellen, dass er ebenfalls nicht den klassischen Vorstellungen entsprach, denn meine Mutter hatte ja ebenfalls einen Hang zu skurilem Humor.

Vermutlich hatte er links und rechts je einen gigantischen Einkaufsbeutel hängen, denn meine Mutter hatte stets einen mächtigen „Shopper“ unter jeder Achsel, um im nächsten Supermarkt die familiären Einkäufe zu erledigen. Ihre Beute hat sie dann schlingernderweise mit hochrotem Kopf nach Hause verbracht – mit dem Radel, an deren Lenker dann besagte Shopper baumelten.

Der Tod meines Vaters war vermutlich ein kleiner Kobold, so einer wie Pumuckel.

Mein Vater liebte Pumuckel, was auch daran lag, dass er Tischlermeister und Restaurator war. Er hatte sich immer einen Klabauter gewünscht, der bei ihm in den Spänen haust und ihm beflissen die Schrauben sortiert. Jede Wette, dass sein Tod irgendwie rote Haare und zwei große vorwitzige Schneidezähne hatte.

In Ermangelung eines realen Kobolds habe ich mich vor über 30 Jahren geopfert und meine Tischlerlehre bei ihm gemacht. Ich hatte zwar keine roten Haare doch entsprechende Schneidezähne – und hingebungsvoll Schrauben sortieren konnte ich auch.

Mich tröstet jedenfalls der Gedanke, dass mein Tod in lila Jogginghosen neben mir rumlungert, egal wo ich gehe und stehe. Wenn ich etwas tue, das keinerlei seelischen Nährwert hat, rollt er bedeutungsschwanger mit den Augen und *ZACK* besinne ich mich eines Besseren. Wieder hat er mich davor bewahrt, mein Leben an Dinge, Tätigkeiten oder Menschen zu vergeuden, die mir nicht gut tun. Seit meiner Erkrankung schaue ich zum Beispiel keine Nachrichten mehr. Ich will nicht wissen, was Trump treibt. Das, was wirklich relevant für mein kleines Leben ist, wird mir eh zugetragen.

Von daher freue ich mich, dass ich Sarah Schäfer und Julia Meder in ihrem wunderbaren Eigenstimmig-Podcast von meinem Tod Coach erzählen durfte. Doch ging es nicht nur um ihn, sondern auch um meine Zeit als Tischlergesellin bei meinem Vater. Darum, was sein Perfektionismus mit mir angestellt und an welche Stationen mich meine jahrelange Suche nach meiner Berufung geführt hat.

Es tut mir einfach gut, Menschen zu kennen, mit denen man einerseits gleich ins Eingemachte gehen und andererseits herzhaft herumblödeln oder über Hunde in irre Entzückung geraten kann.

Viel Freude beim Lauschen des Podcasts: Wirbelnde Lebensbilder

Hier noch ein Auszug aus den Shownotes der Eigenstimmig-Website, wo Sarah Schäfer schreibt, worüber sie mit mir spricht:

  • wie toll meine Hunde Frieda und Wilma sind
  • warum wir heute anders in dieses Interview starten
  • was eigentlich mein Thema ist und wie bunt mein Leben ist
  • in welchem wilden Wirbel ich lebe und was Tocotronic damit zu tun hat
  • warum ich immer zwischen Land und Stadt hin und her schwinge
  • wie es dazu kam, dass ich eine Tischlerlehre im väterlichen Betrieb machte, warum das keine so richtig gute Idee war was ich dennoch mitgenommen habe
  • wie ich mich in meinen Bürojobs immer weiterentwickelt habe
  • warum mich das trotzdem nicht glücklich machte und wie ich durch eine Coachingausbildung mein fehlendes Puzzleteil fand
  • warum ein Burnout auch ein Sprungbrett sein kann
  • was mir beim Start in die Selbstständigkeit geholfen hat
  • wie mir Therapie und auch mein Burnout weitergeholfen haben
  • warum vererbter Perfektionismus mir im Weg stand
  • wie meine drei Bücher entstanden sind
  • wo ich nicht schreiben konnte
  • was Hochsensibilität eigentlich ist und wie man hochsensibel durch den Tag kommt
  • wie wichtig Selbstfürsorge gerade für Hochsensible ist
  • wie toll mein neuer Autoresponder ist und wozu ich ihn nutze
  • warum Schweigen in schwierigen Situationen das Schlimmste ist
  • wie der Krebs in mein Leben kam, wie er wegging und wieder kam und wie daraus ein weiteres Buch entstanden ist
  • warum meine erste Buchfreigabe unter skurrilen Bedingungen im Krankenhaus stattfand
  • warum mein Krebs Schnieptröte, meine Angst Hildegard und meine Chemo Schorletherapie heißt und warum mein Tod lila Jogginghosen trägt und ein guter Berater ist
  • wie mein eigener Krebsratgeber daraus entstand, dass ich in den Ratgebern, die ich gelesen habe, keinen Trost und keine Ermutigung fand
  • wie das Zeichnen meines Comics über meinen Krankenhausaufenthalt zu meinem Ventil wurde
  • wie ich mit meinem Rezidiv, der Rückkehr meiner Erkrankung, umgehe
  • welche Metaphern und Bilder mir bei meiner Erkrankung helfen
  • warum ich so viel mehr bin als eine Krebspatientin
  • wie ich mal vor Angst ausgerastet bin und wie dann auch die Hunde Angst bekamen
  • wie ich durch meine Metaphern und Bilder schwierige Themen in die Realität hole und mir die Angst vor ihnen nehme
  • warum mein Rezidiv Familie Bauchfellfloh heißt, im Bauchfell sitzt und Ovarial-TV schaut
  • warum der Tod lila Jogginghosen trägt und ein guter Berater ist
  • welche besondere Beerdigung ich schon erlebt habe
  • warum ich beschließe an gewisse kleine Zeichen zu glauben
  • welchen besonderen Kalender ich für 2018 gefüllt habe und welche Rolle das eigenstimmig Herbstfest darin spielt
  • welche Pläne ich für 2018 und 2019 habe

 

(Fotos: Sarah Schäfer für eigenstimmig.de)

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4 Kommentare zu “Interview: Warum mein Tod lila Jogginghosen trägt | Eigenstimmig-Podcast”

  1. Sarah sagt:

    Danke! Für die Bilder, die jetzt in meinem Kopf sind und für diesen besonderen Nachmittag. Danke!

    1. Ich hab zu danken! Es war mega schön und hat Hildegard wenigstens für einige Stunden zum schweigen gebracht.
      Sonnige Grüße
      Sabine

  2. Andrea Seyde sagt:

    Liebe Sabine, ich habe heute Dein Buch “ Krebs ist, wenn man trotzdem lacht.“ erhalten, 100 Seiten gelesen und bin begeistert, wie gut das Lesen tut. Ich erlebe gerade Verlust und Hoffnung. Sei lieb gegrüßt, Andrea

    1. Liebe Andrea,
      deine Rückmeldung freut mich total. Vielen Dank dafür.
      Ich wünsche dir ganz viel von dem, was du dir auch wünschst!
      Liebe Grüße
      Sabine

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